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Rüdiger Leidner: Anschreiben vom 24.03.1998
Anschreiben des
Dr.
Rüdiger Leider im
Bundesministerium für
Wirtschaft,
Berlin
an
Behinderten- und
Informationstechnik,
Projektleitung
BITE,
Hamburg
Sehr geehrte
Damen und
Herren,
in der
Einleitung zu den übersandten
Teilen des vorgesehenen Zwischenberichts zum
Modellvorhaben BITE bitten Sie um
Stellungnahmen und
Anregungen. Ich gehe daher davon aus, daß es sich um einen
Entwurf handelt, dessen
Inhalt und weitere
Verwendung noch nicht endgültig feststeht. Die Unterzeichner dieses
Schreibens nehmen zu dem
Text folgendermaßen
Stellung:
- Hinsichtlich der vorgelegten Anforderungsprofile und der darauf basierenden Tests halten wir unsere bereits früher geltend gemachten Bedenken in vollem Umfang aufrecht und schlagen vor, den Bericht in dieser Form nicht zu veröffentlichen, sondern zunächst die Konzeption und Durchführung des Projekts im Sinne der Anwender umzustellen.
- Auf der Beiratssitzung vom 28. 4. 1997, bei der Herr Pinell und Herr Dr. Leidner anwesend waren, war vom Vertreter des DBV gefordert worden, daß auch ein Zwischenbericht die von den Anwendern geltend gemachten Bedenken darlegen müsse. Diesem Petitum kommt der vorliegende Entwurf in mehrfacher Hinsicht nicht nach:
- Zwar wird zu Beginn von Kapitel II auf einen "Streit über Zielsetzung und Methoden des Modellvorhabens, über den weiter oben berichtet worden ist", hingewiesen, in der diesem Kapitel vorangehenden Einleitung wird jedoch ledigleich erwähnt, die Anwender hätten gefordert, auf Bewertungen zu verzichten.
Diese
Aussage ist unvollständig und irreführend. Vielmehr haben die Unterzeichner bis zum
Ende ihrer
Mitarbeit betont, daß sie die vorgelegten
Kriterienlisten insgesamt für unzureichend und ungeeignet halten. Gleiches galt bekanntlich für die 1996 übersandten
Testbögen.
Auch das
Ausscheiden der Anwender aus dem
Projekt, das zur
Auflösung der o.g.
Arbeitsgruppen führte, wird mit keinem
Wort erwähnt. Statt dessen wird mehrfach behauptet, die Anforderungsprofile seien unter
Anwenderbeteiligung erarbeitet worden. Diese
Ausführungen sind irreführend. Zudem hatten sich die Unterzeichner - zuletzt mit
Schreiben vom 27. 2. 1997 - derart irreführende
Hinweise auf Anwenderbeteiligung, die die Auflösung der beiden Arbeitsgruppen unerwähnt läßt, ausdrücklich verbeten.
- In Kapitel VII (Ausblick) wird ausgeführt, die Anwender hätten die Tests durch einen einfachen "Anbieterfragebogen" ersetzen wollen. Diese Darstellung ist völlig unvollständig und irreführend. Die Unterzeichner wollen ein langfristig verwendbares Entscheidungsinstrumentarium einrichten, das Anwender und Kostenträger in die Lage versetzt, den Einzelfall berücksichtigende Entscheidungen zu treffen. Auch zur Erreichung dieses Ziels waren Tests, wenn auch mit anderer Zielrichtung, für notwendig gehalten worden.
- Unabhängig von diesen, die Darstellung der Anwenderbeteiligung betreffenden, Fragen, enthält der Text aber auch außerhalb der die Anforderungsprofile betreffenden Kapitel einige Widersprüche.
So heißt es in Kapitel I (Einleitung):
"Erstmals wurden verallgemeinerungsfähige
Anforderungen an
Hilfsmittel zum
Computerzugang für
Blinde und
Sehbehinderte aufgestellt, um auf dieser
Grundlage vergleichende
Produkttests durchzuführen und fundierte
Informationen für die
Auswahl geeigneter
Produkte zu erhalten."
In der Einleitung zu Kapitel V., in dem die
Ergebnisse der Tests bei
Braille-
Zeilen vorgestellt werden, heißt es hingegen:
"Die Ergebnisse informieren darüber, was die am
Test beteiligten Produkte unter bestimmten
Bedingungen können. Das
Wissen darüber, was die
Braillezeile im individuellen Fall alles können soll und welche
Leistungen jeweils besonders wichtig sind, muß der
Leser selbst mitbringen."
Hierauf war in den
Arbeitsgruppensitzungen ausführlich hingewiesen worden. Die
Vorschläge der Anwender zielten insbesondere darauf ab,
Entscheidungshilfen zu erstellen, die dem betroffenen Anwender, den technischen
Beratern des
Kostenträgers sowie dem
Arbeitgeber die Auswahl unter den individuell zu berücksichtigenden
Umständen erleichtern sollten.
In Kapitel VII wird zudem festgestellt:
"Insgesamt war im
Vergleich zu Braillezeilen für die
Produktgruppe
Windowsanpassungen die ...
Ergebnisauswertung erheblich aufwendiger und konnte mit der
Produktentwicklung kaum mithalten."
Auch auf diesen
Sachverhalt, daß das Projekt in der geplanten - auf stichtagsbezogenen Tests basierenden - Form mit der technischen
Entwicklung nicht werde
Schritt halten können, hatten die Anwender von
Anfang an hingewiesen. Auch wenn dies nun nachträglich eingestanden wird, so können aus dem Projekt aber keine längerfristig zu verwertenden bzw. "verallgemeinerungsfähigen"
Erkenntnisse gewonnen werden. Schließlich beschreiben die
Testergebnisse, die mit diesem Bericht veröffentlicht werden sollen, nicht nur das
Funktionieren der Hilfsmittel "unter bestimmten Bedingungen", sondern beziehen sich zudem auf die
Bürotechnik und den
Produktstand Ende 1996 bzw. Anfang 1997. Für die Produktgruppe "
Windows für Blinde" heißt das, daß die getesteten Produkte nicht mehr verfügbar sind, da die
Programme grundlegend überarbeitet wurden, um sie an die neuen
Software-Umgebungen anzupassen.
Im
Anwendergremium waren in diesem Zusammenhang auch
Stimmen laut geworden, die frühzeitig darauf hinwiesen, daß das Projekt aufgrund dieses
Sachverhalts die
Gefahr der
Verschwendung öffentlicher
Mittel berge. Dies war von der Projektleitung und vom
Leiter der
Huaptfürsorgestelle jedoch stets bestritten worden.
- Darüber hinaus gibt es Formulierungen, die den Eindruck erwecken, daß die Autoren mit der Kritik aus dem Anwendergremium immer noch nicht sachlich umgehen können. So heißt es in Kapitel I im Zusammenhang mit einer rein sachlich begründbaren Meinungsverschiedenheit:
"Diese Kritik basiert auf dem
Bild einer "blindengerechten"
Arbeitsweise, die mit wenigen, auswendig gewußten
Tastaturkommandos auskommt und der einfachen
Schreibtätigkeit entspricht."
Durch die
Protokolle der Arbeitsgruppensitzungen und die Entwicklung der Anforderungsprofile, zu denen die Projektleitung lediglich die
Gliederung vorlegte, läßt sich sehr einfach belegen, daß diese Ausführungen in der
Sache unhaltbar sind. Sie stehen natürlich auch im Widerspruch dazu, daß diese Anwender gerade aufgrund ihrer
Qualifikation und ihrer praktischen
Erfahrungen in das Anwendergremium berufen worden waren.
Sätze dieser Art machen daher überdeutlich, daß die Projektleitung auf sachliche
Gegenargumente nicht in adäquater
Weise reagieren kann, sondern auf ein unsachliches
Diskussionsniveau ausweicht.
Den Anwendern war zu Beginn des Projekts zugesagt worden, daß sie
Anspruch darauf hätten, im
Projektbericht eine eigene
Stellungnahme wiederzugeben. Sofern
Projektbeirat und Projektleitung nicht bereit sind, auf einen Zwischenbericht in der vorliegenden Form ganz zu verzichten, sollten daher - um
Mißverständnisse über die Art der Anwenderbeteiligung zu vermeiden - außer den
Nr. 1 und 2 dieses Schreibens auch die schriftlich vorliegenden Stellungnahmen der ausgeschiedenen Anwender (zumindest auch die Stellungnahme vom 3. 2. 1997) abgedruckt werden.
(gez.)
Dr. Leidner
Gerd
Heimann,
Richard
Heuer gen.
Hallmann,
Ulrich
Kalina,
Werner
Krauße,
Heinz Pinell,
Rolf
Zacharias
Heinz Pinell: Anschreiben vom 27.02.1997
Novotech GmbH: Anschreiben vom 11.04.1997
Erstellt: 10.08.1998 13:31 Aktualisiert: 14.12.1998 21:48
Autor: Brigitte Bornemann-Jeske et al.
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Modellversuch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung